Bäume kühlen heiße Städte: Coole Ideen sind gefragt!

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Mario Schönherr

Heiß, heißer, am heißesten: Ob die Hitzewelle ihren Höhepunkt erreicht hat oder aber nochmals kräftig nachlegt können wir aktuell nicht vorhersagen. Was wir aber mit großer Wahrscheinlichkeit schon mitbekommen haben:  Bei den aktuellen Hitzewellen klettern die Temperaturen in den (Innen)städten bis zu zehn Grad höher als im Umland. Bäume könnten eigentlich helfen, diese Temperaturen in trockenen Metropolen zu mildern: Denn während Beton und Asphalt Sonnenwärme speichern, kühlen sie durch Verdunstung und Schatten. Wir haben zu diesem brandheißen Thema einen Artikel in einer der letzten Ausgaben der Wirtschaftswoche von Pauline Schinkels gefunden, den wir an dieser Stelle (leicht gekürzt) gerne wiedergeben wollen ...

Weil es wie in diesem Frühjahr seltener geregnet hat, fehlt es u.a. den Bäumen in den Städten an Wasser. In den schütteren Baumkronen bildet sich Totholz, durch die Trockenheit breiten sich Pilze schneller aus. Die Zahl der Bäume, die laut Statistischen Bundesamt gefällt werden müssen, steigt. Und Nachpflanzungen sind aufwendig: Ein Jungbaum z.B. zwischen dem vierten und zehnten Jahr verschlingt in der Stadt Leipzig während der Sommermonate bis zu 800 Liter Wasser, erst dann reicht sein Wurzelwerk tief genug, um ans Grundwasser zu gelangen. Wenn dies der mit Leitungen durchzogene Stadtboden überhaupt ermöglicht. Insgesamt bewässert die Stadt bereits seit Ende April rund 8000 Bäume.

 

Lösungen durch Sensoren im Boden? 

Nun bieten gleich mehrere Start-ups Unterstützung an. „Die Grünflächenämter sind nicht dafür ausgelegt, so viele Bäume zu bewässern, wie es durch den bereits spürbaren Klimawandel erforderlich wird“, sagt Daniel Brand. Vergangenes Jahr gründete er in Celle das Start-up Awatree. Die Sensoren des Unternehmens ermitteln, wie trocken die Erde um einen Baum herum ist. Außerdem greift Awatree auf Niederschlagsdaten, Wettervorhersagen, die regionalen Baumkataster und Satellitenbilder zurück. So ermittelt das Start-up täglich den Wasserbedarf eines Baumes. Der wird dann automatisiert gegossen – von einem dezentralen Wassertank, den das Unternehmen beispielsweise als Stadtbank um den Baum herum verkleidet hat und bis zu 1000 Liter Wasser fassen kann.

20 dieser Behälter hat Awatree seit der Gründung im vergangenen Jahr schon verbaut, unter anderem für den Energieversorger Mainova. Auf einer Webseite können Mitarbeiter des Grünflächenamts oder auch engagierte Bürgerinnen und Bürger den Wasserbedarf und den Stand des Wassertanks einsehen – und den Sensor über eine Funktechnologie ansteuern. Dafür gab es vergangenes Jahr ein erstes Investment, eine zweite Finanzierungsrunde soll noch in diesem Jahr folgen.

Auf ein ähnliches smartes Bewässerungssystem für Stadtbäume setzt auch die Stadt Essen. Gemeinsam mit der Universität Trier läuft derzeit das Pilotprojekt Treecop. Mittels Satelliten- und Bodenfeuchtesensordaten will die Stadt sehen, wo, wann und wie stark gewässert werden muss. Kommendes Jahr soll es eine Onlinekarte geben, auf der auch Bürgerinnen und Bürger nachschauen können, welcher Baum in ihrer Nachbarschaft dringend Wasser braucht.

Doch es gibt eben auch Probleme, die sich nicht digital lösen lassen: Über Jahrzehnte ist eine Infrastruktur entstanden, die Bäumen nicht gut tut. Gehwege sind gepflastert, Straßen geteert. Das erschwert es, den hiesigen Linden, Ahornen, Eschen und Platanen Regenwasser aufzunehmen. Stattdessen fließt es in die Kanalisation ab. In den Hitzeperioden rufen Kommunen deshalb immer wieder ihre Bürgerinnen und Bürger auf, ihre Stadtbäume zu gießen, fahren selbst mit Tankwägen umher oder nutzen Wasserbeutel, die das Wasser nach und nach in den Wurzelbereich abgeben.

Inzwischen planen sie vorausschauender: Sogenannte Schwammstädte sollen Regenwasser besser aufnehmen – und halten. Etwa durch Rigolen, also Wannen, die beispielsweise mit Kies gefüllt beim Pflanzen des Baumes unter dessen Wurzelwerk gesetzt werden und Wasser länger speichern können. Damit das in den Boden sickert, sollen Städte entsiegelt, mehr Platz für Bäume geschaffen, Abflussgräben gezogen werden. 

 

Vorausschauende Warte für Bäume

Eine andere Möglichkeit, irreparable Schäden zu vermeiden, bietet das Münchner Start-up Treesense. Das Unternehmen hat ein Tool entwickelt, dass rechtzeitig Alarm schlägt. Dafür wird ein Sensor in der Baumkrone angebracht, der den Wasserhaushalt analysieren kann. Der Sensor erfasst alle 15 Minuten den elektrischen Impulswiderstand in den Xylem-Kanälen, die Wasser und Nährstoffe in Pflanzen transportieren. Eine steigende Kurve zeigt an, dass der Baum zunehmend in Trockenstress gerät. Wird der rote Bereich erreicht, berechnet ein Algorithmus die effizienteste Route für die Bewässerungsteams, um möglichst viele betroffene Bäume mit einer Fahrt zu gießen. Dafür wurde das Start-up zuletzt vom Bundeswirtschaftsministerium beim Gründungswettbewerb in der Kategorie „Digitale Nachhaltigkeit“ ausgezeichnet.

In Mainz und Marburg, Madrid und Mailand laufen derzeit Pilotprojekte. Rund 100 Sensoren haben die Treesense-Gründer, der Forstwissenschaftler Giancarlo Foderà, Maschinenbauer Semir Babajic, Elektrotechniker Julius Kübler und Mathematiker Moritz Spielvogel, dort inzwischen an Bäumen montiert. Stehen 50 Platanen an einer Allee, sagt Babajic, dann reiche für die ganze Stadt ein einziger Sensor.

 

Wasser ist noch günstig

Denn wenn ein Baum austrocknet, ist das nicht nur schlecht fürs Klima: Äste, die abbrechen, sind eine Gefahr für Bewohner und den Straßenverkehr. Stark beschädigte Bäume werden deshalb gefällt. Klimaresilientere Arten pflanzen, mehr Platz schaffen und mittels Daten bedarfsgerecht gießen – all dies könnte helfen, die Bäume länger am Leben zu halten. Und doch gerät diese Erkenntnis schnell in Vergessenheit, wenn es  wieder mehr regnet. Das weiß Awatree-Gründer Brand nur zu gut. Der Start des Start-ups im vergangenem Jahr fiel just in den regenreichsten Sommer seit zehn Jahren. „Das haben wir natürlich gemerkt. Der Fokus lag damals auf Starkregenschutz, beide Wetterextreme nehmen zu.“

Hinzu kommt: Wasser ist noch relativ günstig, ein geringerer Verbrauch wirkt sich kaum auf die Gesamtkosten aus. Noch. Die Preise fallen zwar regional sehr unterschiedlich aus, steigen aber kontinuierlich an. Schwinden Vorräte, könnte Wasser künftig strenger reguliert werden. Wie das dann aussieht, ließ sich bereits in der vergangenen Woche beobachten. Die Wasserknappheit hat auch Kärnten erreicht. Gesetzliche Maßnahmen zur Einschränkung blieben noch aus. Jedoch ist absehbar, dass dringend ein Umdenken erforderlich ist!

Grund und Boden als Kapital der Zukunft- da lohnt es sich drauf zu schauen. Bei unserem nächsten Live-Talk THE CULTURE OF AGRIBUSINESS steht unser Kärntner Grund und Boden als Rohstoffquelle im Zentrum. Tun wir genug, um diese wertvolle Rohstoffquelle für die Zukunft zu schützen?

Wer gerne mitdiskutieren will, sollte sich schon jetzt anmelden!

 



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